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14 - Es wird ernst

                                                                       

Es ist soweit. Endlich ist er da, der Termin, auf den ich, auf den mein Spender und meine gesamte Familie so lange gewartet haben. Am Freitag bei einer relativ unspektakulären Sporteinheit klingelte mein Telefon. Die Klinik in Jena teilt mir mit, dass sie mich in 2 Wochen operieren können. Das heißt, ich muss schon in wenigen Tagen in die Klinik. Es sind nur noch 6 Tage und seitdem steht mehr oder weniger alles und jeder Kopf. Klar, war es das, worauf wir die ganze Zeit gewartet haben. Trotzdem ist der Gedanke, das es bald wirklich los geht, unfassbar komisch. Ich freue mich größtenteils und bin hoffnungsvoll. Ich bin davon überzeugt, dass alles gut geht. Und trotzdem bin ich mir der Risiken durchaus bewusst. Ich habe an mich selbst den Anspruch schnell wieder auf die Beine zu kommen. Allerdings werde ich mir natürlich auch die Zeit geben, die es nunmal braucht um zu heilen. Und um zu verarbeiten.

Nachdem der Anruf aus Jena kam habe ich erstmal meinen Mann angerufen. Dann meine Mama und dann meinen Papa. Der Spender wurde von der Klinik über das Datum informiert. Aber natürlich haben wir auch miteinander gesprochen. Und alle Reaktionen waren ungefähr gleich. Man freut sich, man ist überrascht, dass es dann doch so schnell geht, man hat Angst, ist aber überzeugt, dass alles gut gehen wird. Und, was uns alle in dem Moment verbunden hat, ist, dass uns unfassbar schlecht geworden ist. Kurze Zeit später, nachdem ich mich mit allem abgelenkt habe was so geht (kopflos einkaufen und durch Geschäfte rennen) machte ich mich auf den Weg nach Hause. Und dann saß ich da in der U-Bahn und es überkam mich. Ich fing so dermaßen an zu heulen, dass man es wirklich nicht übersehen konnte. Glücklicherweise interessiert man sich in einer Großstadt meist so wenig für einander, dass man nicht mit einer Reaktion anderer rechnen muss und so konnte ich ungestört weiter heulen. Dabei schoss mir das Lied von Kettcar durch den Kopf „Im Taxi weinen“. Darin heißt es „Es ist besser im Taxi zu weinen, als im HVV-Bus oder nicht?“ Das dachte ich mir dann auch.

                                                                             

Als ich nach Hause kam und meinem Mann nicht wie geplant in die Arme fallen konnte, weil er eine Telefonkonferenz hatte, war mein fester Vorsatz, dass alles so weiter geht wie bisher auch. Guess what? Klappt nicht! Seitdem herrscht ein Durcheinander in den Köpfen und bei uns zu Hause. Eine To-Do-Liste wird abgearbeitet und der Koffer wird gepackt. Den ganzen Samstag waren wir damit beschäftigt letzte Besorgungen zu machen und noch einmal schön Essen zu gehen. Sich die Zeit einfach noch schön zu machen. Aber es ist zu wenig Zeit. Es ist gut, dass es auf einmal so schnell geht, aber gleichzeitig wollte ich noch so vieles tun, so viele Leute treffen. Auf der anderen Seite weiß ich auch, dass ich die letzten Monate so gut es geht genutzt und genossen habe.

Alles in Allem ist es grad ein ziemliches Durcheinander. Ich fühle mich im Moment ein wenig so, als wäre ich in Watte gepackt. Es fühlt sich alles etwas unwirklich an. Ich weiß nicht wie ich dachte, dass ich mich fühlen würde. Und wer kann das schon vorher wissen. Ich weiß nur, dass, egal wie, mein Leben und das der mir nahe steheden Menschen in gut 2 Wochen nicht mehr das gleiche sein wird.