Skip to main content

Generika in der Transplantationsmedizin

 

Ein Generikum ist ein Medikament mit dem gleichen Wirkstoff jedoch unterschiedlichen Trägersubstanzen oder Hilfsstoffen. Generika werden in der Medizin bereits seit vielen Jahren eingesetzt.

Für die Zulassung eines Generikums ist der Nachweis der pharmazeutischen Äquivalenz notwendig:

  • gleiche Arzneiform (Darreichungsform)
  • gleicher Wirkstoff
  • gleiche Menge (Wirkstärke).

Neben der gleichen Packungsgröße ist ebenso die Zulassung für das gleiche Anwendungsgebiet notwendig. Des weiteren ist für die Zulassung eines Generikums der Nachweis der Bioäquivalenz notwendig:

  • Gleiche Bioverfügbarkeit nach Gabe der gleichen Dosis des Originalpräparates, d.h. es wird eine ähnliche Menge des Generikums im Blut gemessen im Vergleich mit dem Original
  • Nachweis bei Gesunden
  • Therapeutische Äquivalenz wird dabei angenommen, d.h. es wird vorausgesetzt, dass der gleiche Medikamentenspiegel auch die gleiche Wirkung auf den Körper entfaltet

Studien für die Zulassung von Generika erfolgen an mindestens 12 gesunden, volljährigen Probanden (Versuchsteilnehmern). Nach einmaliger Gabe des Originals und des Generikums werden im Blut die Medikamentenspiegel bestimmt. Anschließend werden die Versuchsarme getauscht, d.h. jeder der das Original erhielt erhält nun das Generikum und umgekehrt. Danach wird wieder der Medikamentenspiegel im Blut bestimmt. Die gesetzlich erlaubte Schwankungsbreite der Messwerte beläuft sich dabei auf 25% oberhalb bzw. 20% unterhalb des Messwertes vom Original. Von 10 Messwerten müssen 9 innerhalb dieses Bereichs liegen, einer darf außerhalb liegen. In der Regel werden Generika nicht an Kranken getestet und es werden auch keine Verlaufskurven von Blutspiegeln erhoben. Auch wird die Wirksamkeit und Sicherheit nicht regelhaft in klinischen Studien untersucht oder der Einfluss von Nahrung auf die Aufnahme des Medikamentes. Generika werden bei Zulassung nur mit dem Original verglichen, daher ist es möglich, dass zwei Generika im Vergleich nicht bioäquivalent sind.

 

Schwierig wird der Einsatz von Generika bei sog. „dosiskritischen“ Medikamenten, wie auch Cyclopsorin A und Tacrolimus. Das sind Medikamente mit

  • geringer therapeutischer Breite, d.h. die Grenze zwischen erwünschten und unerwünschten Effekten ist sehr eng
  • der Notwendigkeit eines Blutspiegelmonitorings, d.h. in Blutproben muss die Menge des Medikamentes gemessen werden
  • der Notwendigkeit einer individualisierten Dosierung auf der Basis des Blutspiegelmonitorings
  • einer steilen Dosis-Wirkungs-Beziehung, d.h. eine geringe Änderung der Dosis bewirkt einen großen Effekt im Körper mit möglicherweise schweren Konsequenzen bei zu hohen oder zu niedrigen Blutspiegeln

 

Daraus ergeben sich mehrere praktische Belange:

  • keine 1:1 Umstellung von Original auf Generikum möglich
  • unterschiedliche Spitzenspiegel der Medikamente bei gleich hoher Dosis
  • Mehrverbrauch an Generikum um gleiche Medikamentenspiegel zu erreichen
  • Nachteile durch mögliche erhöhte Spiegelvariabilität

 

Fazit für die Praxis bei Umstellung vom Original auf Generikum:

  • engmaschige Untersuchung lt. Fachinformation ist vorgeschrieben
  • Aufwand für Untersuchungen und ggf. Dosisanpassungen führen zu Zusatzkosten
  • Möglicherweise Gefährdung der Einnahmetreue des Patienten

Fazit für die Praxis bei Neueinstellung vom Original auf Generikum:

  • höhere Dosierung aufgrund der zum Teil erheblich geringeren Bioverfügbarkeit der Generika können den Preisvorteil teilweise aufheben
  • Wirksamkeitsverluste und mehr unerwünschte Wirkungen im Vergleich zum Originalpräparat sind möglich
  • Eingeschränkte Datenlage

Immunsuppressiva wie Ciclosporin A oder Tacrolimus sollten daher niemals ohne Blutspiegelkontrollen beim jeweiligen Patienten ausgetauscht werden. Die Umstellung der Behandlung sollte nur unter der engmaschigen Kontrolle eines in der Transplantation erfahrenen Mediziners vorgenommen werden.


PD Dr. med. Nicola Hiemann, Martin Bettmann
Tx-Ambulanz
Deutsches Herzzentrum Berlin