Skip to main content

Herztransplantation

 

Die Geschichte der Herztransplantation

1967 führte Christiaan Barnard in Kapstadt die erste Herztransplantation beim Menschen durch.

Aufgrund der Erfahrungen mit der ersten Nierentransplantation 1954 bei eineiigen Zwillingen in Boston wusste man bereits, dass Verständnis und Kontrolle des Immunsystems eine entscheidende Rolle für den Erfolg einer Transplantation spielen.

Körperfremde Zellen werden vom menschlichen Immunsystem erkannt und bekämpft. Im Falle eines transplantierten Organs spricht man von einer Abstoßung. Um diese zu verhindern, muss die körpereigene Abwehr durch Medikamente, die sogenannte Immunsuppression, gezielt geschwächt werden, um eine gewisse Toleranz dem neuen Organ gegenüber zu erzielen.
Allerdings wird das Immunsystem dadurch auch in seinen Hauptaufgaben, der Bekämpfung von Krankheitserregern und von fehlprogrammierten Körperzellen geschwächt. Dadurch wächst die Anfälligkeit für Infektionserkrankungen und auch Tumorerkrankungen.

Der Erfolg einer Transplantation hängt also ganz entscheidend von der Immunsuppression ab. Diese muss lebenslang absolut zuverlässig eingenommen werden. Für jeden Patienten müssen individuell die richtigen Medikamente in der passenden Dosierung ausgewählt werden, um eine ausreichende Wirkung (Verhinderung von Abstoßungen) zu erreichen und Nebenwirkungen soweit wie möglich zu vermeiden.
Unter bestimmten Umständen, z.B. Infektionen oder Tumorerkrankungen, muss die Immunsuppression angepasst werden. Einige der Medikamente erfordern zudem regelmäßige Spiegelkontrollen und Dosisanpassungen und auch andere Laborwerte wie Blutbild und Nierenwerte müssen regelmäßig kontrolliert werden.

Historisch standen anfangs nur Azathioprin und Cortison als Dauertherapie zur Immunsuppression zu Verfügung. Diese konnte damit nur schwer gesteuert werden, so dass es gehäuft zu schweren Abstoßungen aber auch Infektionen kam. Ca. 15 Jahre lang konnten wegen dieser nicht beherrschbaren Komplikationen fast keine Herztransplantationen vorgenommen werden.

Erst mit der Entdeckung des Ciclosporin Ende der 1970er Jahre wurden Organtransplantationen mit guten Langzeitergebnissen möglich. Diese Substanz wird von bestimmten Schlauchpilzen gebildet und erlaubt einen gezielten Eingriff in das Immunsystem.

Inzwischen wurden weitere Substanzen entwickelt, die eine Immunsuppression mit besserer Verträglichkeit und weniger Nebenwirkungen erlauben.

Die übliche Immunsuppression nach Herztransplantation besteht aus drei verschiedenen Medikamenten: Ciclosporin oder Tacrolimus; Everolimus, Mycophenolat oder Azathioprin; Prednisolon.

Ciclosporin (Sandimmun® Optoral)

Ciclosporin beeinflusst durch die Hemmung des Calcineurin (es wird deshalb als Calcineurin-Inhibitor bezeichnet) die T-Lymphozyten, bestimmte Abwehrzellen des Körpers.
Es wird in zwei Einzeldosen morgens zwischen 8 und 9 Uhr und abends zwischen 20 und 21 Uhr eingenommen. Für die Überwachung des Ciclosporinspiegels sind Blutentnahme und Einnahme des Medikamentes zum jeweils gleichen Zeitpunkt erforderlich. Die Blutentnahme zur Spiegelbestimmung erfolgt morgens unmittelbar vor der Einnahme.

Tacrolimus (Prograf®, Modigraf®)

Tacrolimus ist wie das Ciclosporin ein Calcineurininhibitor. Es hat ein tendenziell günstigeres Nebenwirkungsprofil, z.B. treten weniger Fälle von schwerer Nierenschädigung auf. Es wird daher heute zunehmend anstelle des Ciclosporin eingesetzt, jedoch ist eine Umstellung aus verschiedenen Gründen nicht bei allen Patienten möglich.
Auch Tacrolimus wird zweimal täglich zu festen Uhrzeiten eingenommen und seine Dosis wird wie beim Ciclosporin anhand der Medikamentenspiegel angepasst.

Everolimus (Certican®)

Everolimus hemmt die Entwicklung von Abwehrzellen des Körpers, der Lymphozyten.
In Kombination mit Everolimus kann der Zielspiegel der Calcineurininhibitoren gesenkt oder es kann bei einigen Patienten sogar vollständig auf diese verzichtet werden, was häufig günstig für die Nierenfunktion ist. Es kann zudem positive Effekte auf die Transplantatvaskulopathie (eine Erkrankung der Herzkranzgefäße des Transplantats) und einige Tumorerkrankungen haben.
Everolimus kann eine Reihe von Nebenwirkungen verursachen. Insbesondere treten häufig schwere Wundheilungsstörungen auf, weshalb es in der Frühphase nach Transplantation nicht eingesetzt wird.
Wie die Calcineurininhibitoren wird auch Everolimus zweimal täglich eingenommen und es müssen regelmäßig Medikamentenspiegel überprüft werden.

Vorsicht Wechselwirkungen!

Sowohl bei den Calcineurininhibitoren als auch bei Everolimus kann es zu vielen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen und es müssen regelmäßig Medikamentenspiegel überprüft werden. Eine Beimedikation sollte deshalb immer mit der Transplantationsambulanz abgesprochen werden.
Beachten Sie, dass auch Grapefruitsaft und freiverkäufliche Johanniskrautpräparate die Spiegel der Immunsuppressiva erheblich beeinflussen. Verzichten Sie darauf, da sonst das Risiko für schwere Nebenwirkungen oder Abstoßungen steigt.

Mycophenolatmofetil (CellCept®)/Mycophenolat-Natrium (Myfortic®)

Mycophenolat hemmt ähnlich wie Everolimus die Entwicklung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), insbesondere der Lymphozyten. Es muss daher regelmäßig das Blutbild überprüft werden, um einen gefährlichen, zu starken Abfall der Leukozyten (Leukopenie) nicht zu übersehen und gegebenenfalls die Dosis anzupassen.
Bei (schweren) Infekten und Tumorerkrankungen kann es erforderlich sein, dass die Ärzt*innen derTransplantationsambulanz das Mycophenolat (vorübergehend) pausieren.

Azathioprin (Imurek®)

Azathioprin wird seit Einführung des Mycophenolat nur noch selten eingesetzt. Es hemmt ebenfalls die Entwicklung der Leukozyten, weswegen das Blutbild unter Therapie regelmäßig kontrolliert werden muss. Es darf auf keinen Fall mit dem Gichtmittel Allopurinol kombiniert werden, da es sonst zu schweren Blutbildungsstörungen kommen kann.

Prednisolon (Decortin H®)

Prednisolon ist wie das Cortison ein sogenanntes Steroid. Hierbei handelt es sich um ein körpereigenes Hormon, das in der Nebenniere produziert wird und das Immunsystem unspezifisch hemmt. Die Dosis wird nach der Transplantation schrittweise reduziert bis zu einer niedrigen Dauergabe. Im späteren Verlauf ist häufig auch ein vollständiges Ausschleichen möglich. Prednisolon in hoher Dosis ist das wichtigste Medikament, um akute Abstoßungen zu behandeln.
Durch eine Steroidtherapie steigt das Risiko für eine Osteoporose. Deshalb soll auf eine ausreichende Kalziumzufuhr geachtet und Vitamin D (z.B. Vigantoletten®, Dekristol®) substituiert werden.

Nebenwirkungen der Immunsuppression

Die Immunsuppression kann eine Reihe von Nebenwirkungen haben. In manchen Fällen kann ein Wechsel auf ein anderes Präparat Abhilfe schaffen. Sprechen Sie mit der Transplantationsambulanz, falls Sie stark störende Nebenwirkungen vermuten.

Häufige Nebenwirkungen sind:

  • Verstärkter Haarwuchs (Ciclosporin)
  • Zahnfleischwucherungen (Ciclosporin)
  • Bluthochdruck
  • Fettstoffwechelstörungen
  • Nierenschädigung (Calcineurininhibitoren)
  • Osteoporose (Prednisolon)
  • Akne
  • Wassereinlagerungen (Ödeme) (Everolimus)
  • Zittrigkeit (Tremor) (Calcineurininhibitoren; verschwindet meist im Verlauf wieder)

Vorsicht: Einige Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Voltaren erhöhen das Risiko eines Nierenschadens zusätzlich.

Prophylaxe von Infektionskrankheiten

Grundsätzlich erhöht die Immunsuppression das Infektionsrisiko. Achten Sie deshalb besonders sorgfältig auf Hygienemaßnahmen.

In den ersten Monaten nach der Transplantation und auch nach der Behandlung von Abstoßungsreaktionen werden zudem prophylaktisch Medikamente verordnet, um spezielle häufige Infektionen zu verhindern:

  • Aciclovir, Valganciclovir (Virusinfektionen)
  • Cotrim (Toxoplasmose und Pneumocystis jirovecii-Pneumonie)
  • Ampho-Moronal® (Pilzinfektionen im Mundraum)

Sonnenschutz

Die Immunsuppression erhöht das Risiko für Hauttumoren. Meiden Sie die pralle Sonne, achten Sie auf guten Sonnenschutz und nehmen Sie regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Hautarzt wahr.

Schwangerschaft

Einzelne Immunsuppressiva erhöhen das Risiko für angeborene Fehlbildungen erheblich. Auf eine sichere Empfängnisverhütung muss daher unbedingt geachtet werden.
Eine Schwangerschaft ist nach Herztransplantation aber nicht gänzlich ausgeschlossen, bei jedoch erhöhtem Risiko für Sie und für das Kind. Sprechen Sie unbedingt mit den Ärzt*innen der Transplantationsambulanz, wenn Sie eine Schwangerschaft planen.

Halten Sie im Zweifelsfall immer Rücksprache mit Ihrer Transplantationsambulanz!

Dr. Felix Schönrath
Oberarzt Herzinsuffizienz/ -transplantation