17 - REBECCA’s letzter Blogeintrag

von Franziska Bleis, transplantiert e.V.

Mit großer Bestürzung nimmt dieser Blog ein sehr unerwartetes und tragisches Ende.

Ein Blog der noch so viele Einträge bekommen sollte. Mutig, positiv und lebendig wären sie bestimmt geworden. Wir nehmen Abschied von einer wahren Kämpferin für ihr Leben und die Familie und für Organspende. Ein Mitglied von transplantiert e.V..

Rebecca wurde 35 Jahre alt. Sie war Ehefrau, Tochter, Katzen-Mama und Freundin.

Wer war Rebecca?

Sie und ihr Ehemann lebten zusammen mit ihren Katzen in Hamburg. Dort war sie gelistet für eine Lebertransplantation. Ich lernte Rebecca über Instagram kennen, dort suchte sie Kontakt zu Gleichgesinnten und fand unter anderem unseren Verein.

Sie war sehr motiviert nicht nur zu warten auf das, was das Schicksal für die bereit hielt. Sie wollte die Dinge so gut es ging selbst in die Hände zu nehmen. So abonnierte sie die Zeitung des DIATRA Verlages und nahm an ihren Veranstaltungen teil. Sie ließ ihre Geschichte bei Lebertransplantierte Deutschland e.V. erzählen, beim Bündnis ProTransplant war sie eine der Gesichter, die als Wartepatient*innen, Politiker*innen wachrütteln sollten und immer noch tun. Im März 2023 übergab sie, zusammen mit dem Bündnis ProTransplant dem Bundesgesundheitsministerium einen Brandbrief. Lange schon besteht Handlungsbedarf im deutschen Transplantationsgesetzt. Trotz Einschränkungen und oft verbunden mit großen Ängsten, Sorgen und Anstrengungen ist es nicht selbstverständlich die eigene Krankheitsgeschichte öffentlich zu machen und gleichzeitig so wichtig. Danke Rebecca das du es getan hast.

Und ich? Ich lernte sie im Sommer 2023 persönlich kennen,

beim Sommerfest von transplantiert e.V. in Berlin. Sie war mit ihrem Mann aus Hamburg angereist, leider konnten sie nicht so lange bleiben. Bei unserer Aktion “Steine bemalen für Organspende” brachte sie direkt fertig bemalte Steine mit und natürlich Organspendeausweise. “Diese Organspende Klappkarten habe ich immer dabei und lasse Sie gerne in Restaurants oder Kinos liegen.”, erklärte sie mir.

Wir alle lernten sie kennen, als einen sehr freundlichen und ruhigen Menschen. Kreativ und warmherzig trug sie immer etwas Positives in unseren Verein bei. Im Austausch mit unserer Community war sie gut vorbereitet. Jetzt brauchte sie nur zu kommen, ihre große Chance auf das Leber Leben 2.0.

Im Herbst 2023 erzählte sie mir von einem besonderen Artikel in der DIATRA Zeitung. Eine Zeitung, die sie sehr schätzte. Bot sie ihr tolle Informationen für Transplantierte und Wartelistenpatienten und alle die Jenigen die Up to date sein wollen, was die Entwicklung der Organspende angeht.

In dem Artikel ging es um die Möglichkeit der Leber-lebend Spende. Zügig nahm sie Kontakt auf, mit der genannten Klinik und wurde evaluiert. Bisher kannte niemand von uns diese Art der Organspende. Dass die Leber starke Regenerationsfähigkeiten besitzt, ist bekannt. Aber das ein halbes Organ transplantiert werden kann, eher weniger. So entstand die Idee mit dem Blog auf der Website von transplantiert e.V. um anderen Betroffenen Mut zu machen. Der Name des Blogs war gleichzeitig ihr Lebensmotto und zierte als Tattoo ihre Haut, ebenso wie das Organspende Tattoo.

“Liver la vida loca”, also Rebecca´s “verrücktes Leber Leben”. Sie schrieb drauf los und war dabei ehrlich, klar und zeigte sich sehr verletzlich. Liebe, Hoffnung und der Wille zu leben trieb sie an.

Sie wollte zurück zu ihrem Mann. Arbeiten, reisen, kochen und sich um ihre geretteten Katzen kümmern, die sonst niemand wollte. “Die neue Katze der Tierrettung, konnte sie nicht mehr kennenlernen.”, erzählte ihr Mann Björn.

Februar 2024. Sie und ihr*e Spender*in hatten grünes Licht. Sie waren bestens vorbereitet. Der Reha Termin stand fest. Im Krankenhaus, dann die letzten wichtigen Behandlungen und dann ging es los. Am Morgen des 29. Februar 2024 dann die letzten Nachrichten von ihr.

Es gab starke postoperative Komplikationen. Eine Woche später wurde eine post-mortale Lebertransplantation notwendig. Auch das schaffte sie. Jetzt musste sie nur noch wach werde. Aber die Entzündungen, die sich in ihrem Bauchraum entwickelt hatten, waren zu massiv. Alle taten ihr Bestes, ihr Mann und die Familie waren immer an ihrer Seite. Die Zeit wurde relativ. Wichtig war nur noch ihr Leben und das Fünkchen Hoffnung.

Das Schwierige nach jeder Organtransplantation ist die anfänglich sehr massive Immunsupression. Das ist notwendig, um das wiederum durch die OP stark aktivierte Immunsystem davon abzuhalten, direkt das neue Organ abzustoßen. Dazu gibt man den Patienten*innen starke Medikamente. Teils lebensbedrohliche Gefahrenquellen stellen dabei Infektionen dar. Bei Rebecca waren diese zu groß.

Am 29. März 2024, am Karfreitag, verstarb Rebecca Biernat im Kreise ihrer Familie auf der Intensivstation.

Transplantiert e.V., möchte der Familie unser tief empfundenes Beileid und Mitgefühl aussprechen.

Ruhe in Frieden liebe Rebecca.

Eine Lebendtransplantation ist bei maximaler Planbarkeit und unter Nutzung aller Optimierungen bei der Vorbereitung und im Ablauf eine große Operation und darf nie bagatellisiert werden. Auch weil die Immunsupression immer eine Gefahrenquelle darstellt. Dennoch ist Transplantation eine große Chance auf das Leben. “Rebecca ging den richtigen Weg.”, davon ist ihr Mann überzeugt.

Transplanntiert e.V. wird weiterhin alles ihm Mögliche tun, um die Situation für Wartpatienten in Deutschland zu verbessern. Dazu zählt besonders ihnen Verständnis und Hilfe unter Betroffenen anzubieten. Über das Bündnis ProTransplant setzen wir uns ein, um die nötige politische Wende zu erzielen, für die auch Rebecca stand. Wer uns in diesem Kampf unterstützen möchte, spendet bitte an ProTransplant.

Denn aus medizinischer Sicht könnten so vielen Menschen geholfen werden. Es fehlen die Bereitschaft und damit die Organe von post mortalen Spender*innen um noch mehr der aktuell 9000 Wartepatienten zu helfen.

Folgend Worte von Rebeccas Mann Björn

Ich bin sehr, sehr dankbar für die Community, die Rebecca bei euch und über Instragram gefunden hatte. Die Unterstützung, der Austausch und der Halt hatten ihr sehr geholfen. Dafür bin ich unfassbar dankbar, denn das gab ihr viel Kraft und ich glaube sie konnte so auch anderen Menschen Kraft geben. Und so schlecht das Ergebnis auch ist, so richtig war die Entscheidung diesen Versuch zu unternehmen. Denn das war ihre Chance zurück in ihr Leben und raus aus dem Stillstand. Rebecca war bereit dieses Risiko einzugehen, weil sie leben wollte, nicht nur existieren. Und ich bin der Meinung, dass jeder der die Chance auf eine Lebendspende erhält, diese wahrnehmen sollte. Denn es bietet die Chance auf ein richtiges, großartiges Leben. Rebecca hat dafür mit ganzen Herzen gekämpft. Und auch jetzt würde sie noch dafür kämpfen, auch wenn es bei ihr nicht funktioniert hat.

Aber ich bin auch stinksauer. Dass es in diesem Land notwendig ist, dass es Lebendspenden geben muss. Und die Menschen in schwerster Not sich auch noch Sorgen um ihre Liebsten machen müssen, die aus Liebe bereit sind zu spenden. Auch wenn das Risiko für die Spender*in wohl im Vergleich deutlich kleiner ist als für die Empfänger*in. Rebeccas Spender*in geht es gottseidank sehr gut.