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3 - Und nun ein weiterer kleiner Schritt

Und nun ein weiterer kleiner Schritt: Am 18. Januar geht es für mich nach Jena und dann werden bei mir alle notwendigen Voruntersuchungen durchgeführt. Welche genau das sind, weiß ich noch nicht. Und endlich ist eine kleine Last von meinen Schultern gefallen: Die Frage, wann in etwa die OP stattfinden wird. Nachdem vor einigen Tagen ein Anruf kam, ob wir uns vorstellen könnten den Eingriff noch im Dezember machen zu lassen, haben wir uns dagegen entschieden. Zuviele Dinge müssen noch geplant und organisiert werden. Und aussdem ist ja noch Weihnachten und einige Geburtstage stehen an. Es mag merkwürdig klingen, aber das sind Dinge, die mir sehr wichtig sind. Und wenn es meine Gesundheit einigermaßen zulässt, dann werden diese kleinen Feste noch schön gefeiert. Denn sind wir ehrlich: Wir wissen nicht was passiert. Es ist eine Operation und die bringt Risiken mit sich.¹

Mir persönlich fällt es sehr schwer in der jetzigen Zeit des Kopf richtig frei zu bekommen. Ich schaffe mir viele Ablenkungen. Mehrmals in der Woche geht es für mich zum Sport. Grundsätzlich eine gute Sache und in Vorbereitung auf die OP (und in Vorbereitung auf die zusätzlichen Kalorien der Weihnachtszeit) doppelt gut. Ausserdem steht nochmal eine große Tour an um die Familie zu besuchen. Für solche Ausflüge bin ich sehr dankbar, war es doch vor einem Jahr nicht möglich so etwas allein zu machen. Kaum vorstellbar wie es sein wird, wenn es mir wieder richtig gut geht.

Rostock

Und eine Sache die mir auch wichtig ist: Mich von ein paar Lebensmitteln zu verabschieden, die ich nach der Transplantation nicht mehr zu mir nehmen darf. Für jemanden der sehr gerne Sushi isst und auch gerne mal ein Carpaccio oder ein Steak das Medium gebraten ist, heißt das mit vollem Genuss nochmal die Lieblingsrestaurants zu besuchen und richtig zu genießen. Und - so merkwürdig es auch klingen mag - ich werde Grapefruits vermissen. Als mein Mann und ich unseren ersten gemeinsamen Urlaub machten, brachte er mir immer zum Frühstück einen Grapefruit-Saft. Bis ich fragte, warum er immer O-Saft bekommt und ich den bitteren Grapefruit-Saft. Seine Antwort: “Du magst doch sauer und bitter!“ Seit dem haben diese bitteren Dinger einen eher emotionalen Wert für mich und sind mit positiven Erinnerungen verknüpft.

Aber ich denke das sind Opfer die man durchaus bringen kann. Die viel größere Frage ist für mich, wie bedankt man sich bei dem Menschen, der einem einen Teil seiner Leber spenden will? Schokolade? Einen Gutschein? Blumen oder doch eher ein Schloss, eine Yacht oder eine Weltreise? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich gibt es dafür kein materielles Geschenk, womit man das Geschenk des Lebens aufwiegen kann. In der Dokumentation Charité Intensiv - Gegen die Zeit geht es um eine Mutter die ihrem Sohn eine Niere spendet und ihre Worte dazu sind: „Ich finden diesen Begriff nicht schön. Es ist ein Geschenk [...] aber ich empfinde es nicht so. Ich finde es ist ein Geschenk und das gibt man einfach. Und ich will da keine Dankbarkeit für. Ich will dass es dir gut geht!“ ² Diese Worte haben mich sprachlos gemacht und das gleiche wurde mir mit anderen Worten auch gesagt.

An dieser Stelle möchte ich den Machern von „Charité Intensiv - Gegen die Zeit“, Carl Gierstorfer und Mareike Müller, von ganzem Herzen danken. Die unverfälschte Dokumentation über die Organspende in Deutschland, die Gesichter und Emotionen der Patienten, Spender, Ärzte und vieler anderer Personen, die an diesem komplexen Prozess beteiligt sind, geht einem sehr nah und legt den Finger mitten in die Wunde. Wir haben zu wenig potenzielle Organspender. Und an dieser Tatsache muss sich dringend etwas ändern.

 

¹ - https://lebertransplantation.eu/transplantation/lebendspende/lebendspende

² - https://www.ardmediathek.de/video/charite-intensiv-gegen-die-zeit/folge-2-geben